Krank sein

Krank sein ist sowieso ja schon nicht so der Knaller. Krank sein in Ghana ist dann noch mal etwas beschissener, als sowieso krank sein. Das wusste ich auch schon vorher, aber wenn man dann einmal mitten drin ist und ich meine nicht als Ausländer, der dann doch immer noch eine Extrawurst bekommt, sondern als Einheimischer, dann weiß man die ärztliche Versorgung in Deutschland doch schon sehr zu schätzen.

Unsere Waisenhaus-Mama war krank, eigentlich schon seit Wochen, aber nie so richtig akut. Nun war es akut, denn sie sagte ‚sie ist krank’. Wenn sie das sagt, dann ist sie eigentlich schon fast tot. Wie Mütter eben so sind. Schnell ins Krankenhaus war leider nicht, da der Bus durch die überfluteten Straßen der Regenzeit 100 Meter nach Abfahrt stecken blieb. So schnell es geht befreit, ging es weiter zum Krankenhaus. Sie blieb insgesamt eine Woche, bekam ein Bett und es wurden sehr viele Medikamente verabreicht. Klingt erstmal nicht so schlecht. Allerdings lässt die Betreuung sehr zu wünschen übrig. Das Gesundheitssystem leckt an allen Ecken und Kanten. 8-Bett-Zimmer, keine Bettdecke oder Kissen, Selbstverpflegung, Toiletten draußen, ein paar Mäuse oder Ratten als Bewohner und nachts keine Betreuung. Wenn jemand zwischen 20 und 6 Uhr kollabiert, dann würde das im Schlimmsten Fall niemand mitkriegen. Wenn der Patient Medikamente braucht, muss ein Angehöriger mit dem Rezept zum Medikamenten-Schalter und bekommt nach 2 bis 4 Stunden Wartezeit die Medizin, die dann später die Krankenschwestern verabreichen. Die Krankenschwestern machen das Nötigste, sind nicht sehr kommunikativ und selten da. Auch der Arzt lässt sich ein bis zwei mal am Tag blicken, schaut sich die Patienten an, verschreibt neue Medikamente und ist auch schon wieder weg. Als Patient und/oder Angehöriger stehst du im Dunkeln und kannst durch googlen der Medikamente nur erahnen, was eigentlich gerade passiert. Durch den Mangel an einem Verpflegungssystem fuhren wir nun also hin und her zwischen zu Hause und Krankenhaus, schauten dass jemand während der Visiten vor Ort ist und in kritischen Phasen auch Nachts und unterhält nebenbei noch 17 Kinder, die zu Hause warten und fragen, wann Sanatu nach Hause kommt.

Das einzig Gute bzw. Hoffnungsschimmer an dem ganzen System ist die Krankenversicherung. Die gibt es seit ein paar Jahren und soll eigentlich Ähnlich wie bei uns funktionieren – man zahlt jährlich einen Betrag, es gibt Standardleistungen, die übernommen werden, einige Medikamente sind kostenlos, andere mit Zuzahlung usw. Da das System in Ghana noch nicht so wirklich klappt, da die Krankenhäuser und Apotheken wirtschaftlich nicht so gut laufen, dass sie auf die Rückzahlung der Krankenkasse zwei Monate warten müssen und in Vorkasse gehen, sieht die Praxis ein wenig anders aus. Dennoch besser als vorher. Einigen Krankenhäuser haben nun ein 50/50 System eingeführt, indem der Patient sich zu 50% der Kosten beteiligt und das Krankenhaus bzw. die Krankenkasse die restlichen 50% übernimmt. So auch in unserem Fall, das hat uns natürlich auch enorm geholfen.

Um niemanden zu beunruhigen – unsere Waisenhaus-Mama ist nun wieder zu Hause und auf dem Weg der Besserung. Da es Bluthochdruckprobleme gibt, werden wohl langfristige Medikamente und mehr Bewegung nicht aus bleiben. Aber alles besser, als eine Woche Krankenhaus.

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